futur 3 – Konzept für ein altersgemischtes Wohn- und Kulturprojekt in Köln-Kalk

1. Ausgangslage
Der steigende Anteil von alten Menschen in der Gesellschaft wird von der Politik zunehmend als Problem behandelt. Leider ist das Älterwerden unter den gegebenen gesellschaftlichen Bedingungen für viele Menschen tatsächlich kein Grund zur Freude, sondern ein Problem. Trotz vieler Verbesserungen im Bereich von Altenwohnungen und Altenheimen ist es im Bedarfsfall nach wie vor schwierig, einen Platz in einer guten Einrichtung zu bekommen. Ambulante Pflege mit minutengetakteter Abrechnung ist auch nicht unbedingt eine Alternative. Gerade bei eingeschränkter Mobilität führt das Verbleiben in der eigenen Singlewohnung oft zur Vereinsamung. Einzeln lebende Familien mit Kindern und Alleinerziehende sind häufig mit Lohnarbeit, Schule und der Organisierung des Alltags mehr als ausgelastet. Das kann schnell zur Überforderung, Isolation und Einsamkeit führen. Kinder erleben dann häufig das Fernsehgerät oder das Smartphone als wichtigsten Bezugspunkt. In dieser Situation denken heute viele Menschen über kollektives Wohnen nach. Wer es sich leisten kann, tut sich mit Freund*Innen und Gleichgesinnten zusammen und kauft ein großes und geeignetes Haus. Für diejenigen, die sich das nicht leisten können, müssen andere Wege gefunden werden. Aufgrund der heute vorherrschenden prekären Erwerbsverläufe werden zukünftig viele Menschen mit einem Einkommen am Rande der Grundsicherung auskommen müssen.
Unsere Projektgruppe hat sich jahrelang intensiv mit den Möglichkeiten eines kollektiven Selbsthilfeprojektes beschäftigt, das wir in der damals leerstehenden alten Polizeiwache an der Kapellenstraße in Köln-Kalk realisieren wollten. Wegen der akuten Wohnungsnot von Studierenden fiel 2013 leider die Entscheidung, dieses Gebäude für studentisches Wohnen zu nutzen. Durch das Angebot der GAG, uns in ihrem Neubaugebiet an der Robertstraße / Dillenburgstraße / Rolshoverstraße in Kalk mit einzuplanen, lässt sich unser Projekt – mit etwas verändertem Konzept – nun doch noch umsetzen.

2. Zusammenleben – Kommunikation – gegenseitige Unterstützung
Das für futur 3 geplante Gebäude wird an der Rolshoverstraße liegen. Nach bisheriger Planung wird der Bau 2019 oder spätestens 2020 fertiggestellt werden. Es wird dort barrierefreie Mietwohnungen für ein, zwei, drei und vier Personen geben. Sämtliche Wohnungen werden mit Mitteln des Sozialen Wohnungsbaus gefördert. So entsteht preiswerter Wohnraum für Menschen mit geringem Einkommen, was unserer Gruppenstruktur und unserem Prinzip, niemanden wegen finanzieller Gründe auszuschließen, sehr entgegen kommt. Zusätzlich zu den einzelnen Wohnungen wird es einen großzügigen Gemeinschaftsbereich geben. Wir möchten die Möglichkeit haben, nicht nur in den einzelnen Wohnungsküchen, sondern in einer Gemeinschaftsküche regelmäßig für alle Bewohner*Innen zu kochen. Gemeinsame Mahlzeiten sind ein Treffpunkt, der Kommunikation und Austausch fördert. Das gemeinsame Kochen spart außerdem Arbeit und Kosten. Diese „Kantine“ mit angrenzender Küche kann zusätzlich für Veranstaltungen oder Gruppentreffen genutzt werden. Daneben wird es ein kleineres gemeinsames Wohnzimmer geben, mit TV, Bibliothek, Zeitungen usw. Diese Gemeinschaftsräume liegen im Erdgeschoss, um einerseits für Außenstehende einladend zu wirken, und andererseits Bewohner*Innen die Möglichkeit zu geben, beim Nachhausekommen ohne große Umwege zu gucken, wer sich gerade in den Gemeinschaftsräumen aufhält. Weitere Gemeinschaftsbereiche sind eine großzügige Dachterrasse sowie Terrassen und Grünflächen / Beete im Innenhof des Gebäudekomplexes. In dem Projekt gibt es Platz für 47 Personen. Gewünscht ist eine vielfältige Gruppe, in der verschiedenste Altersstufen, Kulturen, Sprachen, Interessen und Fähigkeiten vertreten sind. Gemeinsam sollte der Wunsch sein, ein kollektives hierarchiefreies Leben im Projekt sowie ein besseres Leben für alle zu erreichen. Modelle für solidarische gegenseitige Unterstützung sind in der heutigen Ellenbogengesellschaft, in der von vielen Menschen über Mobbing und Vereinzelung geklagt wird, dringend nötig. Während die älteren Mitglieder von futur 3 eher einen Platz suchen, an dem sie auf Dauer bleiben können, wird das Wohnen von Student*Innen oder jungen Familien im Projekt in der Regel vorübergehend sein. Es wird sicher eine gewisse Fluktuation bei den Bewohner*Innen geben, was für das Projekt durchaus vorteilhaft sein kann, da neue Bewohner*Innen auch wieder neue Ideen und Impulse mitbringen.
Ältere Bewohner*Innen sollen die Sicherheit haben, dass sie auch bei abnehmender Leistungsfähigkeit und zunehmender Gebrechlichkeit in ihrer Wohnung bleiben können. Dies kann durch die Inanspruchnahme ambulanter Pflegedienste ermöglicht werden, aber vor allem durch gegenseitige Unterstützung (z.B. bei der Organisierung der notwendigen Hilfen).
Wie weit notwendige Pflege von anderen Bewohner*Innen geleistet werden kann, muss im Einzelfall entschieden werden. Vorrangiger Anspruch ist jedoch, dass alle Bewohner*Innen, so lange sie das möchten, im Haus bleiben und sich weiterhin am Gemeinschaftsleben beteiligen können. Wer aus welchen Gründen auch immer, wegen Alter oder Behinderung nicht in der Lage ist, alleine einen Haushalt zu führen, kann sich vielleicht durchaus an Arbeiten in der Gemeinschaftsküche beteiligen oder sich um andere Dinge im Haus kümmern. Wir streben eine Gemeinschaftlichkeit an, die über „gute Nachbarschaft“ hinausgeht. Die Entscheidungsstruktur im Projekt beruht auf den Prinzipien von Gleichberechtigung und Basisdemokratie. Alle Bewohner*Innen sind Mitglied im Verein futur 3. Sämtliche Entscheidungen werden in der Versammlung der Mitglieder getroffen. Die Struktur und Häufigkeit der Versammlungen wird ebenfalls von den Bewohner*Innen beschlossen werden. Kampfabstimmungen sollen vermieden werden. Angestrebt ist die Entscheidungsfindung im Konsens.

3. Mehr-als-Generationen-Haus – Integration in den Stadtteil
Das altersgemischte Wohn- und Kulturprojekt futur 3 soll kein Ghetto werden. Es muss vielmehr gewährleistet sein, dass auch ältere und behinderte Menschen weiter am öffentlichen Leben teilnehmen können. Die Lage des geplanten Neubaus ist dafür sehr günstig; Geschäfte und öffentlicher Nahverkehr sind gut zu erreichen. Das Haus soll Begegnungsort sein für die Mitglieder, aber auch für Menschen von außerhalb, insbesondere aus dem Stadtteil. Die Kantine wird groß genug und so gestaltet sein, dass dort beispielsweise Informations-, Diskussions- oder Filmveranstaltungen angeboten werden können. Dabei soll es nicht um kommerzielle, sondern um politisch-kulturelle Angebote gehen, auch in Zusammenarbeit mit anderen (Stadtteil-) Gruppen. Die Kantine kann auch anderen Gruppen für ihre Treffen zur Verfügung gestellt werden. In Köln Kalk leben Menschen verschiedenster Kulturen, und die Mehrheit der Bevölkerung verfügt nicht über hohe Einkommen. Diese Situation hat nicht nur die viel beschworenen Probleme hervorgebracht, sondern auch eine Menge solidarischer Initiativen. futur 3 passt von der Struktur der Bewohner*Innen gut in dieses Umfeld und möchte gemeinsam mit bestehenden Initiativen die solidarischen Netze im Stadtteil verstärken.

 

Hier der Link zum Download:
futur-3_konzept_2017